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Zum Ende der Seite springen Netzstart von 1&1: Mit 500 Masten zum Mobilfunknetzbetreiber
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Netzstart von 1&1: Mit 500 Masten zum Mobilfunknetzbetreiber


Deutschland bekommt wieder ein viertes Mobilfunknetz: Am Freitag startet 1&1 sein Open-RAN-Netz mit geringer eigener Abdeckung und großen Zielen.



(Bild: Kitawit Jitaton/Shutterstock.com)


Immer wieder war der Schritt verschoben worden – doch seit Freitag hat Deutschland wieder einen vierten Mobilfunknetzbetreiber. Nach vielen Startschwierigkeiten hat 1&1 mit deutlicher Verzögerung das eigene, vorerst noch überschaubare Netz für Mobilfunkkunden freigeschaltet. Das soll den Wettbewerb stärken – doch ob der Herausforderer dauerhaft bestehen kann, hängt von mehreren Faktoren ab.

Nicht nur für 1&1-Gründer Ralph Dommermuth ist es ein guter Tag. "Für die Verbraucher und Unternehmen ist der Markteintritt eines vierten Netzbetreibers eine sehr gute Nachricht", freut sich Bundesdigital- und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Das bedeute "mehr Auswahl, steigende Netzqualität und attraktive Preise." Er erwarte zudem, dass der Ausbau der Mobilfunknetze zusätzlich befördert werde.


"Gute Nachricht für Verbraucher"

Das sehen auch Verbraucherschützer ähnlich: "Dass das Mobilfunknetz von 1&1 jetzt an den Start geht, ist für Verbraucherinnen und Verbraucher erstmal eine gute Nachricht", sagt Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Das könnte den Wettbewerb beleben, das Angebot könnte umfangreicher werden, vielleicht sinken auch die Endkundenpreise." Allerdings reiche ein vierter Netzbetreiber allein nicht aus, um den Wettbewerb zu stärken, hierfür seien weitere Maßnahmen notwendig – etwa, dass auch Diensteanbieter ohne eigenes Netz 5G anbieten könnten.

Eigentlich hätte es in Deutschland immer vier Netzbetreiber geben sollen. Doch als 2013 die niederländische KPN ihre deutsche Tochter E-Plus für etwa acht Milliarden Euro an Telefónica verkaufte, verschwand ein Betreiber vom Markt – gegen den Protest des Bundeskartellamts. Zehn Jahre später wird 1&1 nun vom Verkäufer der Netzdienste anderer Anbieter zum eigenständigen Betreiber.

Allerdings zu einem Betreiber mit vorerst relativ wenigen eigenen Masten: Etwa 500 Standorte deutschlandweit hatte die Firma eigenen Angaben zufolge im November ans Netz angeschlossen, bis Jahresende soll das jetzt steil auf 1000 ansteigen. Die Zahl ist dabei kein Zufall: Sie ist eine Vorgabe der Bundesnetzagentur – so viele 5G-Standorte hätten alle Betreiber mit Frequenzen aus der 5G-Auktion von 2019 bereits Ende 2022 betreiben müssen.

1,07 Milliarden Euro hatte die zum United Internet-Konzern gehörende Drillisch Netz AG 2019 für 50 Megahertz im 3,6 Gigahertz-Band und zweimal 10 Megahertz im 2 Gigahertz-Bereich gezahlt. Seitdem lagen die Frequenzen weitgehend brach. Bis zum Juli bot die Firma außer am Heimatstandort Montabaur gerade einmal in kleinen Teilen von 13 Städten ihren Kunden Fixed Wireless-Zugänge an, also 5G-Zugänge als stationären Ersatz für Festnetz.

Auch der zuletzt für September geplante Start des eigenen Mobilfunknetzes für mobile Endgeräte musste kurzfristig erneut verschoben werden. Doch die Zeit drängte: Die Bundesnetzagentur machte Druck, den Doppelstatus als Netzbetreiber und Diensteanbieter jetzt zügig zu beenden. In Deutschland dürfen Anbieter grundsätzlich nur eines von beidem sein.


Kaum Nutzer im eigenen Netz

Zu Beginn wird aber nur ein kleiner Teil der 1&1-Kunden überhaupt auf dem eigenen Netz unterwegs sein: Nur Neukunden werden sofort auf das eigene Netz geschaltet, wo es denn verfügbar ist. Die Bestandskunden werden Schritt für Schritt ins neue Netz umgezogen. Maximal 70.000 Kunden täglich könnten portiert werden, heißt es aus Montabaur.

Überall dort, wo kein echtes 1&1-Netz verfügbar ist, übernimmt derzeit das Telefónica-Netz die Versorgung. 1&1 hat den noch laufenden Roaming-Vertrag mit Telefónica erst kürzlich auch auf das 5G-Netz erweitert. Ab Mitte des kommenden Jahres wird der Partner im laufenden Betrieb gewechselt und stattdessen Vodafone die fehlende Netzabdeckung kompensieren.

Jedes Quartal sollen 500 weitere Standorte hinzukommen, sagt 1&1. Was grob umgerechnet bedeuten würde, dass die Firma noch knapp 15 Jahre brauchen würde, um zur heutigen Zahl der Masten des Marktführers Telekom mit über 30.000 Standorten aufzuschließen. Die Firma setzt derzeit inzwischen auf vier Anbieter: Vantage Towers, eine Ausgründung von Vodafone, die von den 2021 zugesicherten 3.800 Standorten bis 2025 bislang viel zu wenige zur Verfügung stellte, American Tower Companies, Eubanet und GfTD.


Frequenzen: 1&1 fehlt Reichweite

Doch das Hauptproblem für ein flächendeckendes Mobilfunknetz ist neben der Erschließung von Standorten für eigene Antennen ein anderes: die verfügbaren Frequenzen. 1&1 verfügt, anders als die anderen Anbieter, nicht über Frequenzblöcke im Bereich unter 1 Gigahertz. Die sind zwar nicht für schnellsten Datenverkehr geeignet, haben aber dafür wichtige Abdeckungseigenschaften – sie durchdringen Gebäude besser und haben eine größere Reichweite.

Hier muss der Herausforderer darauf hoffen, dass in der Diskussion um eine mögliche Frequenzverlängerung statt einer Frequenzversteigerung eine Möglichkeit entsteht, dass auch 1&1 Zugang zu den niedrigeren Frequenzen erhält. Würde die Firma mit ihren bisherigen Frequenzblöcken allein arbeiten müssen, wäre ein deutlich engmaschigeres Netz als bei der Konkurrenz nötig.

Dazu kommt eine weitere Herausforderung: 1&1 rühmt sich, das erste große europäische Mobilfunknetz auf Basis von Open RAN zu sein. "Die volle Funktionsfähigkeit im 1&1 O-RAN ist ein großer Meilenstein in unserer Unternehmensgeschichte", freut sich Dommermuth. Die Umsetzung des Projekts erfolgt dabei durch eine Rakuten-Tochter. Der japanische Internetkonzern ist in seinem Heimatland selbst als Mobilfunkanbieter im Markt tätig. Die Antennen für 1&1 kommen hauptsächlich von NEC, die Softwaresteuerung unter anderem von Mavenir aus den USA.

Ein Vorzeigeprojekt für die Politik: "Die Open-RAN-Technik verspricht ein flexibles und einfaches Design, das schnell an sich dynamisch ändernde Anforderungen angepasst werden kann", sieht Wissing darin einen wichtigen Impuls. Durch geringere Latenzen wäre das etwa für Industriesteuerungen hilfreich, meint der Bundesdigitalminister.

Hauptunterschied zu den Netzen der Konkurrenz ist der Virtualisierungsgrad: Auf den üblichen Technikschrank am Mastfuß will 1&1 an seinen Standorten verzichten, stattdessen soll die Glasfaseranbindung der Masten direkt zu kleineren Edge-Knoten führen. 550 sollen das werden, 81 davon sind derzeit betriebsbereit, sagt die Firma. Die wiederum hängen an geplanten 24 größeren Rechenzentren, die dann mit 4 Core-Rechenzentren verbunden werden sollen. Eine weitgehend virtualisierte Lösung, die ohne konventionelle 2G/3G/4G-Infrastruktur einfacher umzusetzen ist als bei der Konkurrenz.


Andere Netzarchitektur

Der Netzaufbau von 1&1 unterscheidet sich damit deutlich von dem der anderen Netzbetreiber in Deutschland. Die experimentieren zwar mit Open RAN oder setzen es stellenweise schon ein, bleiben für ihre deutschen Netze noch skeptisch, da ein Umbau enorme Kosten mit sich brächte. Allerdings könnte der zumindest in Teilen bald auch in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben werden.

In Branchenkreisen wird bezweifelt, dass Open RAN bei der Effizienz mit bisherigen Single-RAN-Lösungen mithalten kann. Und auch, dass Open RAN die Lösung für das Abhängigkeitsproblem von China wäre, bezweifeln Branchenkenner: Open RAN könnte hingegen gerade die Tür sein, durch die Huawei und ZTE in Europa am Markt bleiben könnten, wenn sie die Kriterien für Komponenten erfüllten.

Verkehrsminister Wissing, der wie 1&1 aus Rheinland-Pfalz kommt, erwartet vom Neuling unter den Netzbetreibern jedenfalls einiges: "Der Wettbewerb ist intensiv und ich wünsche 1&1 einen langen Atem, um sich nachhaltig auf dem Markt zu etablieren und einen Beitrag zu leisten, dass unsere guten Netze noch besser werden."

(vbr)


Quelle: heise . de

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